Lange war es ruhig um sie, zumindest im Fernsehen hat man Nina Ruge (58) seit sieben Jahren nicht mehr gesehen. Dabei ist sie extrem fleißig, moderiert auch weiterhin Podiums-diskussionen, Wirtschaftsveranstaltungen, Kongresse. Nun konnte man sie in ungewöhnlicher Mission erleben. Die Moderatorin ist neue Sauna- Botschafterin 2014 und zeigte sich im neu-eröffneten „Vabali“-SPA in Berlin. Sie wirkte sehr glücklich, ruhte in sich. Das mag vor allem daran liegen, dass sie nur noch das macht, was ihr am Herzen liegt. Vor sieben Jahren hat sie ihr Leben radikal geändert. Auch und vor allem für ihren Mann. Seit 1997 liebt die ehemalige "Leute heute" Moderatorin Wolfgang Reitzle, den Chef des Technologie- konzerns Linde, seit 13 Jahren ist das Paar verheiratet.
Früher war ihr Leben von der Karriere bestimmt. Sie gehörte zur ersten Generation der Frauen, die sich frei entfalten durften. Für ihren Beruf verzichtete sie auf eigene Kinder. Im Gegensatz zu heute, gab es zu ihrer Zeit nicht die Möglichkeiten der Kinderbetreuung. Doch sie hadert nicht damit. Heute genießt sie ihr Leben mit ihrem Mann und den Schweizer Sennenhunden Vroni (3) und Lupo (6) und pendelt zwischen ihrem Wohnort München und ihrem Haus in der Toskana. Es ist für sie eine Oase der Ruhe, nahe des kleinen Dorfes Lucca. Im Interview sprach sie über ihr neues Leben nach dem Fernsehen, und darüber, was ihr heute wichtig ist, und was sie wirklich zufrieden macht.
Frau Ruge, wie kommt es, dass Sie nun Saunabotschafterin sind?
Man hat mich gefragt, und ich bin stolz, die erste deutsche Saunabotschafterin zu sein – denn ich gehe seit Jahren regelmäßig in die Sauna.
Mir ist immer kalt, ich habe einen niedrigen Blutdruck und außerdem belegen Studien einen gewissen Anti-Aging-Effekt bei Saunagängern. Ich finde auch den Entgiftungseffekt sehr wichtig. Außerdem habe ich, wie viele Frauen, ein schwaches Bindegewebe, auch da hilft Sauna durch einen abschwellenden Effekt. Ich liebe es, in die Sauna zu gehen. Alle sind dort gleich, es ist ein Ort, der klassenlos ist. In der Regel bin ich früher alle drei Jahre umgezogen. Daher konnte ich die Sauna meist nur in Hotels nutzen. Als ich dann nach München gezogen bin, habe ich in meine Mietwohnung eine Sauna einbauen lassen. Dann konnte ich dort mein Nina-Ritual zelebrieren: Ruhe, Wärme – Zeit für mich und tiefe Entspannung.
Sie beschäftigen sich sehr mit Gesundheitsthemen, wie gesund leben Sie selbst?
Ich hatte viele Jahre durch den Stress und zu wenig Schlaf Probleme mit dem Ruhepuls, der oft beim Aufstehen schon bei 120 lag. Und durch das viele Schminken für meine Sendung bekam ich eine periorale Dermatitis, einen entzündlichen Hautausschlag. Ich lebe schon recht gesund, sonst hätte ich diesen jahrelangen Dauer-Stress kaum so gut weggesteckt. Ich ernähre mich weitgehend vegetarisch, mag zum Frühstück Porridge, Haferflocken mit Wasser gekocht, oder Joghurt. Ich esse kein Weißmehl etc. Außerdem mache ich regelmäßig Sport wie Yoga, Joggen, Schwimmen. Und ich gönne mir heute sieben, acht Stunden Schlaf in der Nacht. Ganz wichtig ist natürlich mein ständiges Bestreben, in innerer Harmonie zu leben – wie sehr es außen auch stürmen mag. Übrigens sind auch Haustiere gut fürs Immunsystem.
Wie muss man sich Ihren Alltag heute jenseits des Fernsehens vorstellen?
Ich arbeite nach wie vor viel, nur eben nicht mehr im Fernsehen, nicht mehr im Boulevard. Mit 50 ist es für Frauen im deutschen Fernsehen vorbei. In Amerika ist das anders. Wenn man sich Oprah Winfrey oder Barbara Walters und andere Moderatorinnen anschaut – die sind alle jenseits der 40 und mehr. Und es ist ja auch so, dass manche Themen auch eine gewisse Lebenserfahrung erfordern, damit sie glaubhaft rüberkommen. Aber in Deutschland sind wir davon noch weit entfernt. Darauf habe ich mich längst eingestellt. Meine Themen sind jetzt Politik, Wirtschaft, die Zukunft des Euro. Gerade habe ich eine Veranstaltung der Vertriebenen moderiert. Ich bin auch karitativ tätig, für Unicef, Frauen, für den Tierschutz, für Bio-Diversität und andere Dinge. Ich bin auch Patin des Kinderhospizes Bethel. Und ich habe vier Bücher geschrieben.
Ihr letztes Buch heißt „Der unbesiegbare Sommer in uns“. Was ist Ihre Botschaft?
Ich war wie viele andere Menschen sicher auch mein Leben lang auf der Suche nach tiefer Zufriedenheit, nach innerer Harmonie, nach Erfülltheit und Glück. Und ich habe vieles dafür ausprobiert: Yoga-Stunden, Meditation, Atemübungen, Massagen oder Sport wie Schwimmen, Laufen, Spaziergänge. Dann stellte ich fest: all die Angebote, Kraft zu tanken und von außen in uns herein zu holen, passen in einen hektischen Alltag des 21. Jahrhunderts gar nicht hinein. Im Gegenteil: Sie führen zu noch mehr Terminstress. Und so begann ich, meinen ganz eigenen Weg zu suchen. In diesem Buch stelle ich meine Methode vor, mit der ich mitten im stressigsten Alltag innehalten und Glück erfahren kann. Die innere Mitte zu finden, und daraus Kraft zu schöpfen, das ist ein langer Prozess. Es ist mir wichtig, mich zu erden und zu entdecken, was in mir ist, an Kraft und auch an Heilkraft. Viele finden diese Art von Kraft in ihrer Religion, andere nicht. Für sie ist dieses Buch gedacht.
Wie bringen Sie mehr Ruhe in Ihren Alltag?
Wir haben ständig Gedanken im Kopf. Ich versuche, mir bewusst zu werden, womit ich mich selbst terrorisiere. Bevor wir aufstehen, rattert es schon im Kopf, der Tagesplan erscheint vor unserem geistigen Auge. Oder man denkt beim Zähneputzen daran, anstatt sich aufs Bürsten der Zähne zu konzentrieren. Dann versuche ich mich hinzusetzen und durchzuatmen. Oder wenn ich unterwegs bin und vor einem Fahrstuhl stehe und warte… Dann nutze ich auch diese kleine Zwangspause! Ich atme ganz ruhig ein – und beim Ausatmen denke ich: ,Ich bin‘. Und spüre dem Gefühl nach: ,Ich bin‘. Der Fahrstuhl, das Gedankenkarussell in mir, das Warten – alles wird unwichtig. Ich spüre Leben und Frieden. Das tut gut, denn unser Alltag wird immer hektischer. Viele Menschen vergessen einfach, auch mal in sich hinein zuhören, mal abzuschalten.
Sie leben ein bisschen am Leben vorbei. Eine Studie ergab, dass die meisten Menschen zu 50 Prozent des Tages geistig völlig abwesend sind – und dass diese Gedankenverlorenheit unglücklich macht. Ich gehe auch jeden Tag für eine Stunde mit unseren beiden Hunden raus, das tut mir sehr gut.
Sie leben im Sommer in der Toskana. Wie muss man sich Ihr Leben dort vorstellen?
Ganz einfach – und sehr schön. Wir leben da mit unseren Hunden, haben Hühner, es ist eine wunderschöne Umgebung, ein tolles Klima. Mein Refugium ist die so genannte Limonaia, ein Gewächshaus aus Glas, das in einem Olivenhain steht. Ich bin sehr viel draußen in der Natur. Das erdet mich sehr. Auch tagsüber versuche ich immer einmal bewusst, innezuhalten. Meine täglichen Sendungen über 20 Jahre lang haben mir nur wenig Raum für ein Leben nah an der Natur gelassen. Weder die Toskana noch ein Hund passte damals in meinen Terminkalender rein. Beides darf ich heute leben – und bin dafür sehr dankbar.
Könnten Sie sich ein Comeback im Fernsehen vorstellen?
Warum nicht? Zum Beispiel könnte ich mir Interviews und Gespräche mit Wirtschaftsbossen oder Politikern in der Sauna vorstellen. Dazu bräuchte man natürlich noch eine entsprechende Technik, damit das funktioniert. Wäre auf jeden Fall eine heiße Angelegenheit (lacht).
Bedauern Sie, dass Sie Ihre Sendung aufgegeben haben?
Nein, ich habe mir das lange und gründlich überlegt. Ein Grund war auch, dass mein Mann nach München kam und wir zum ersten Mal nach neun Jahren Beziehung die Möglichkeit hatten, zusammen zu wohnen. Ich wollte mehr Zeit und mehr Flexibilität für mein Privatleben. Und ich konnte mir endlich einen Hund anschaffen, das wollte ich schon so lange.
Wie stellen Sie sich Ihr Alter vor?
Das hängt davon ab, wie es mir dann gesundheitlich geht. Das weiß ich ja nicht. Aber was ich auf jeden Fall weiß, ist, dass ich nie aufhören möchte, zu arbeiten. Es ist wichtig, sich immer zu fordern, um fit zu bleiben. Ich werde also, solange ich kann, meinem Beruf nachgehen, Vorträge halten, Bücher schreiben, moderieren. Es ist schön, etwas bewegen zu können. Eine Aufgabe zu haben, macht definitiv glücklich.
Martina Mack
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